Am Dienstag Abend konnte der Gautinger Gemeinderat den Haushalt für 2023 beschließen. Alle Fraktionen (mit Ausnahme der SPD) waren erleichtert und voll des Lobes für die Verwaltung und den Kämmerer Stefan Hagl. Sah es bei der Vorstellung des Entwurfes Anfang Dezember noch zappenduster aus, war es am Ende leicht den Verwaltungshaushalt mit 50,7 Mio € und den Vermögenshaushalt mit 15,3 Mio. € zu beschließen. Wie konnte das gelingen? Die Verwaltung hat die Wochen über den Jahreswechsel genutzt sehr rasch ungenutzte Haushaltsreste aus 2022 zu identifizieren, um damit die Ansätze für 2023 reduzieren zu können. Und ein wenig Fortune braucht man auch und so war es hochwillkommen, dass bei der „Spitzenabrechnung“ des gemeindlichen Anteils an der Einkommenssteuer für Gauting ein Plus von knapp 0,5 Mio. € heraussprang. Ob die mahnenden Worte von Kämmerer Hagl in Erinnerung bleiben, dass das keinesfalls immer so ist und es natürlich auch mal in die andere Richtung gehen kann? Man wird sehen. So wird es 2023 möglich sein knapp 0,5 Mio. € in die Rücklagen zuzuführen und im Vermögenshaushalt die geplanten Investitionen in 2023 ohne Kreditaufnahme durch Auflösung von Rücklagen zu finanzieren. Nachdenklich kommentierte Gemeinderat Tobias MacFadden (MfG/Piraten), dass der Gemeinderat sich hauptsächlich mit Kleinstbeträgen beschäftigt habe, wogegen Markus Deschler (FDP) sich darüber freute, dass man sich jedes Detail angeschaut und auch um Posten mit wenigen Hundert Euro gekümmert habe (“Kleinvieh macht auch Mist“). Nun denn. Wobei Markus Deschler den Finger zugleich deutlich in die Wunde legte und darauf hinwies, dass ohne eine signifikante Mehrung der Einnahmen – im Speziellen der Gautinger Gewerbesteuereinnahmen – der finanzielle „Turnaround“ nicht zu schaffen sein wird.
Kommt denn nun das Feuerwehrhaus? Kann Gauting investieren?
Das ist die Frage nach den Finanzplanjahren 2024-26. Die 1.Bürgermeisterin Dr. Brigitte Kössinger wollte die Eckwerte am liebsten einfach beschließen lassen und sie in der öffentlichen Sitzung gar nicht mehr präsentieren. Erst auf Nachfrage von Dr. Andreas Albath (UBG/1.Vorsitzender ZukunftGAUTING) trug der Kämmerer Stefan Hagl dann den ernüchternden Ausblick vor. Um die dringend benötigten, teilweise seit Jahren überfälligen Investitionen nicht nur in das Feuerwehrhaus finanzieren zu können benötigt die Gemeinde eine Finanzierung in Höhe von insgesamt ca. 47 Mio. €. Und das bei einem Verwaltungshaushalt, der jedes Jahr ein Defizit von 3 Mio. € aufweisen soll? „Kein Cent Kreditaufnahme wird uns die Rechtsaufsicht genehmigen“ kommentierte Kämmerer Hagl trocken. Jedenfalls solange nicht der Verwaltungshaushalt jedes Jahr mit einem deutlichen Plus abschneidet, der die steigenden Tilgungs- und Zinsausgaben abdeckt.
Bürgermeisterin Brigitte Kössinger argumentierte, dass bei den Finanzplanjahren noch zu große Unsicherheit bestehe, um darüber überhaupt sinnvoll diskutieren zu können. Da hat sie aus einer Reihe von Gründen sicher recht und es werden nicht nur mangels Geld sondern schon wegen der begrenzten personellen Kapazitäten in der Verwaltung gar nicht alle Vorhaben umgesetzt werden können. Aber mit dieser Einstellung wird Gauting nicht sehr weit kommen. Spätestens wenn die Gemeinde die ersten neuen Kredite aufnehmen möchte, verlangt die Rechtsaufsicht einen Nachweis, dass nicht nur das laufende Haushaltsjahr gesichert ist sondern auch In der Zukunft. Und das muß nachgewiesen werden durch eine belastbare Mehrjahresplanung, das durchlavieren von Jahr zu Jahr funktioniert dann nicht mehr. Diese Planung muß dann deutlich machen, dass die Gemeinde nachhaltig in der Lage ist, die steigenden Ausgaben für Kreditzinsen und -tilgung zu bezahlen. Und das wird nicht einfach. Selbst wenn die Kreditaufnahme zur Investitionsfinanzierung von den jetzt budgetierten 47 Mio. € sich auf 10-20 Mio. € reduzieren ließe, muss erstmal der Verwaltungshaushalt in Ordnung gebracht werden.
Ob das Feuerwehrhaus und die anderen Investitionen nun angegangen werden können wie man beim Blick in die mit 21:6 Stimmen beschlossenen Finanzplanung annehmen könnte? Ganz sicher nicht, solange bei den laufenden Einnahmen und Ausgaben nicht grundlegend angesetzt wird. Der „Kleinvieh-Ansatz“ kostet die Gemeinderäte zwar viel Zeit, wird aber nicht zum Ziel führen. Gemeinderat Dr.Matthias Ilg von den Grünen brachte es auf den Punkt: „Gauting befindet sich auf einer Bootspartie. Aber unser Boot ist nicht neu, leider auch nicht so richtig stabil. Dazu noch wenig Treibstoff. Und an einigen Stellen leck geschlagen“. Schöne Aussichten.
Wie kann man denn den Verwaltungshaushalt in Ordnung bringen?
Die Antwort darauf ist gar nicht leicht zu geben. Wer denkt, dass es bei 50 Mio € Gesamthaushalt doch nicht so schwer sein kann 1 oder 2 Mio. € einzusparen, übersieht, dass der größte Teil des Gemeindehaushaltes durch Positionen belegt ist, bei denen die Gemeinde gar keinen Entscheidungsspielraum hat. Der größte Posten ist die Kreisumlage (15,6 Mio. €). Die deutlich steigenden Personalkosten, die Ausgaben für Pflichtaufgaben wie Unterhalt der Gemeindeeinrichtungen (Liegenschaften, Straßen usw.), Kindergärten, Schulen, Feuerwehr usw. binden den größten Teil des Budgets.
Kann die Gemeinde denn das Problem durch höhere Einnahmen lösen?
Hier kann sie da ansetzen, wo sie durch die Festlegung von Hebesätzen Einfluss auf die Steuereinnahmen hat (Grundsteuer, Gewerbesteuer usw.). Eine wachsende Bevölkerung bedeutet auch einen höheren Anteil an der allerdings gedeckelten Einkommenssteuer. Zweitwohnungssteuer oder Hundesteuer sind auch kleinere Möglichkeiten.
Die langfristige Lösung für Gauting ist die strukturelle Erhöhung der Gewebesteuer (zur Einordnung die Zahlen für 2022: Gauting 7 Mio. € Gewerbesteuer. Das nur geringfügig größere Starnberg hatte 23,2 Mio €!). Aber die für Gauting so dringend notwendige Entwicklung der beiden Gewerbegebiete Galileo Park und Gautinger Feld kommt nur schleppend voran. Und die höheren Gewebesteuereinnahmen werden erst langfristig ihre Wirkung zeigen, aber für die Lösung der anstehenden Aufgabe der nächsten 5 Jahre nicht helfen!
Also muss die Gemeinde auch bei den sog. freiwilligen Ausgaben ansetzen
Und da will niemand wirklich richtig ran. Denn hier versammelt sich alles, was den Gautingern „lieb und teuer“ ist. Natürlich immer wieder andere Bevölkerungsgruppen. Die aber natürlich lauthals protestieren, wenn jemand an ihr „Steckenpferd“ Hand anlegen will (selbst wenn er es eigentlich auch gar nicht möchte).
Jedes Jahr finanziert die Gemeinde mit jeweils niedrigen bis mittleren sechsstelligen Beträgen Einrichtungen wie:
- das Freibad
- das Bosco und das Theaterforum
- die Gemeindebibliothek
- die Musikschule
- das Jugendzentrum
- Heimatpflege und allgemeine Kulturförderung
- Zuschüsse an Vereine und Initiativen
Auch wir von ZukunftGAUTING („Für ein modernes und lebenswertes Gauting!“) wünschen uns keinen Kahlschlag, sondern würden uns freuen, wenn Gauting – so wie viele unserer Nachbargemeinden – dies alles fortsetzen könnte und noch manches andere, was wünschenswert ist. Aber man darf halt nicht nur hohe Ansprüche haben, sondern muß es sich auch leisten können!
Im April beginnen die nächsten Haushaltsberatungen. Vielleicht.
Immerhin hatte Kämmerer Hagl am Dienstag noch eine etwas Hoffnung gebende Nachricht.
Bei der Ermittlung des jährlichen Defizits von >3 Mio € für die Zeit ab 2024 hat er die nach Vorstellung des Kreises ständig weiter steigende Kreisumlage zu Grunde gelegt. Diese dürfe aber aus rechtlichen Gründen gar nicht so stark ansteigen, da der Kreis auch auf die dauernde Leistungsfähigkeit der Gemeinden Rücksicht nehmen müsse. Gehe man von einer realistisch zumutbaren Kreisumlage aus, würde sich das Defizit im Gautinger Verwaltungshaushalt in den Jahren 2024-26 auf jeweils mittlere sechsstellige Beträge reduzieren. Also muß Gauting hoffen, dass Landrat und Kreisräte mit Augenmaß vorgehen. Bürgermeisterin Brigitte Kössinger kündigte an, dass der Hauptausschuß ab April bereits beginnen werde, die nächsten Jahre finanziell besser zu planen und die Hausaufgaben anzugehen. In Ihren Haushaltsreden haben Vertreter praktisch aller Fraktionen (mit Ausnahme der SPD, die nur Mehrausgaben forderte) sich zu einer notwendigen Konsolidierung bekannt. Ob den Worten Taten folgen werden?