„Geothermie statt Gas? löste große Resonanz bei den Gautingern im Rahmen unserer Informationsveranstaltung Mitte Dezember 2022 aus. Viele Bürger sind sehr daran interessiert sich an die Fernwärme aus Geothermie anschließen zu können, insbesondere wenn ohnehin eine Erneuerung der alten Gas- oder Ölheizung ansteht. Umso mehr Unruhe lösten Nachrichten aus, dass der vorgesehene Bohrplatz auf einem Grundstück der Gemeinde Gauting in der Nähe des Flughafens nicht mehr zur Verfügung steht wegen wasserschutzrechtlicher Probleme. Wir haben nachgefragt bei Dr. Bernd Schulte-Middelich, Gesellschafter der Silenos Energy Geothermie Gauting GmbH & Co. KG.
Herr Schulte-Middelich, was bedeuten die Nachrichten für Ihr Geothermie-Projekt? Ist es damit gefährdet?
Schulte-Middelich: Nein, da kann ich sie beruhigen. Es ist tatsächlich richtig, dass der vorgesehen Bohrplatz nicht mehr in Frage kommt, nachdem die Stadtwerke Germering beabsichtigen, ihr Wasserschutzgebiet dorthin auszudehnen. Aber im Rahmen des Genehmigungsprozesses haben wir ohnehin alternative Standorte in der Prüfung gehabt, auf die wir uns jetzt konzentrieren.
Können dort dann nicht ähnliche Probleme entstehen?
Schulte-Middelich: Generell muss man sagen, dass heute in Deutschland derartige Planungsverfahren aufgrund der Vielzahl beteiligter Behörden und zu berücksichtigender Interessen außerordentlich komplex und langwierig sind. Und das wird leider auch nicht deswegen einfacher, weil wir mit der Geothermie einen konkreten und wichtigen Beitrag zum Gelingen der Energiewende leisten. Aber wir haben jetzt drei geeignete Grundstücke in der Prüfung, bei denen feststeht, dass sie nicht in eines der Wasserschutzgebiete fallen. Und das erleichtert die Genehmigungsverfahren schon sehr.
Wo liegen hier jetzt die größten Hürden?
Schulte-Middelich: Die drei Grundstücke gehören nicht der Gemeinde Gauting, sondern privaten Eigentümern. Wir sind aber mit allen in konstruktiven Gesprächen und zuversichtlich, hier eine Erbpacht-Vereinbarung abschließen zu können, die uns eine gesicherte Basis für die Geothermie-Bohrung geben wird. Bei der Genehmigung sind wir hinsichtlich der Untertagethemen, also z.B. der Bohrung, mit dem Bergamt und für die Aspekte der oberirdischen Realisierung des Projekts mit dem Landratsamt als Genehmigungsbehörden im engen Dialog. Ich sehe aus heutiger Sicht keinen Punkt, der bei den Alternativgrundstücken eine Genehmigung ausschließen würde. Es dauert halt alles seine Zeit.
Wirtschaftsminister Habeck will jetzt bereits ab 2024 neue Gasheizungen verbieten. Viele Gautinger mit alten Heizungen sehen deshalb erwartungsvoll auf die Geothermie als potentielle Alternative. Was bedeutet dies für den Zeitplan?
Schulte-Middelich: Generell muss man leider sagen, dass hier die große Politik wieder einmal glaubt, durch Verbote die Energiewende herbeizwingen zu können, anstatt durch Vereinfachung der Genehmigungsverfahren realistische Projekte wie die Geothermie zu fördern. Aber zu unserem Thema: Wir haben den Beginn der Heizperiode 2025/26 bisher als Termin für die Belieferung vorgesehen. Daran halten wir auch fest. Natürlich ist die Verzögerung ärgerlich, aber wir hatten natürlich auch einen zeitlichen Puffer eingeplant.
Also können die Bürger weiter hoffen, dass dieser Termin realistisch ist?
Schulte-Middelich: Wir als Silenos Energy sind für die Gewinnung des heißen Thermalwassers verantwortlich und übergeben dann an die Partner, die die Erschließung in den Gemeinden bis hin zu den Haushalten vornehmen. Die Gemeinde Gauting will das mit einer Tochtergesellschaft der Stadtwerke Schwäbisch Hall, der KWA Contracting AG, realisieren. Der Ausbau des Fernwärmenetzes bis hin zu einzelnen Haushalten oder Unternehmen wird sicher in Schritten erfolgen. Diese Detailplanung aber ist Sache unseres Partners in der Gemeinde Gauting, mit dem wir bereits über einen Wärmeliefervertrag verhandeln. Je größer das Interesse aus Unternehmen und Bevölkerung ist, umso rascher wird der Ausbau natürlich gelingen.
Herzlichen Dank! Dann bleibt uns nur, Ihnen gutes Gelingen und zügige Unterstützung durch die beteiligten Behörden zu wünschen!
Wie schätzt ZukunftGAUTING die Situation nun ein?
Können interessierte Bürger heute schon etwas konkretes tun? Nach unserer Beurteilung ist Realismus gefordert. Insbesondere all diejenigen, die sehr kurzfristig in den nächsten 5 Jahren zwingend ihre alte Heizung erneuern müssen, sollten sich nicht auf die Option Geothermie verlassen sondern auch andere Optionen im Blick behalten. So optimistisch die Aussagen klingen, gebohrt und erschlossen ist ja bis heute noch nichts und die von der Bundesregierung versprochene Planungsbeschleunigung ist in keiner Weise Realität. Hinzu kommt, dass der Ausbau eines Fernwärmenetzes schrittweise erfolgen wird und auch seine Zeit benötigen wird.
Man kann nur hoffen, dass Bergamt und Landratsamt Starnberg hier jetzt wirklich zügig arbeiten auch wenn die bürokratischen und komplizierten Vorschriften unverändert in Kraft sind. Denn für das Erreichen der Energiewende-Ziele wird hier ein wirklich wertvoller Beitrag geleistet.
Bei der Gemeinde Gauting werden Interessenbekundungen von interessierten Unternehmen und Bürgern natürlich schon heute registriert, bislang sind das etwa 100. Und dies soll in den nächsten Tagen über die Webseite der Gemeinde Gauting noch einfacher möglich werden. Das ist durchaus sinnvoll, damit die KWA erkennt wie stark das Interesse ist und wo die interessierten Bürger angesiedelt sind. Dabei ist kein Geheimnis, dass der Gautinger Westen sicherlich eher erschlossen wird als beispielsweise der Buchendorfer Berg. Wir von ZukunftGAUTING bleiben am Ball und informieren bei neuen Entwicklungen!
Interessant auch der Artikel zum Thema im Starnberger Merkur vom 28.2.2023.