Ein hübsches „Weihnachtsgeschenk“ hatte Gautings Kämmerer Stefan Hagl für die Gemeinderäte – den Entwurf des Haushalts 2024 mit 527 Seiten Umfang als Lektüre für die Ferienzeit, nur leider mit unerfreulichen tiefroten Zahlen als Inhalt. Im Januar dann mehrere Arbeitssitzungen des Haupt- und Finanzausschusses bis tief in die Nacht, um im Gemeinderat kommende Woche Donnerstag einen genehmigungsfähigen Haushalt verabschieden zu können.
Dienstag Abend dann „weißer Rauch“, ein ausgeglichener Haushaltsentwurf liegt auf dem Tisch nach Abschluss der Beratungen im HFA. Möglich wurde dies durch eine erneute Erhöhung der Schlüsselzuweisung des Freistaates an finanzschwache Gemeinden (sog. „Hartz IV für Kommunen“) auf nunmehr knapp 3 Mio. €. Und einer bienenfleißigen Verwaltung, die alle Ecken des Haushaltentwurfs durchforstete, um selbst kleinste Einsparmöglichkeiten zu finden.
Die Gemeinderäte im HFA wollen Ausgaben wo immer verantwortbar hinausschieben und schweren Herzens im Bereich der freiwilligen Leistungen, auch im Bereich der Zuschüsse für Kultur- und Sportförderung, Kürzungen vornehmen. Im Bereich der Investitionen soll vieles wie in der Vergangenheit auf Folgejahre nach hinten gerückt werden. Nicht ohne Unbehagen, denn es geht ja schon lange nicht mehr in Gauting um „goldene Wasserhähne“, sondern um die Erhaltung der Substanz (Straßen, die gemeindeeigenen Immobilien, die energetische Sanierung des Rathauses, Brandschutzmaßahmen usw.) oder um Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen (zB. Kinderbetreuung). Aber Kämmerer Hagl hatte den Gemeinderäten noch einmal in aller Klarheit deutlich gemacht, dass zusätzliche Kredite zur Finanzierung keine Handlungsoption sind, schon gar nicht zur Deckung laufender Verwaltungsausgaben. In Bayern dürfen Kommunen Kredite für Investitionen nur aufnehmen, wenn sie klar belegen können, dass sie den Schuldendienst für Zins und Tilgung auf mittlere Sicht sicherstellen können. Davon ist Gauting aber weit entfernt. Für 2024 braucht es nun keinen Kredit – weil die noch vorhandene Rücklage (das „Sparbuch“ der Gemeinde) um 3,5 Mio. € entleert wird.
Die konkreten Änderungen, die der HFA zum ursprünglichen Entwurf aus dem Dezember dem Gemeinderat empfiehlt, sollen rechtzeitig vor der Gemeinderatssitzung (ausnahmsweise am Donnerstag, 8.2.2024) im Bürgerportal der Gemeinde veröffentlicht werden. Dort wird der Haushalt dann final verabschiedet.
Woraus resultiert diese unerfreuliche Situation
Schlüsselzuweisung erhöht, zumindest im Jahr 2023 sogar deutlich höhere Steuereinnahmen als geplant (vor allem Gewerbesteuer) , also daran liegt es nicht. Aber Gauting leidet wie alle anderen Gemeinden unter starken Kostensteigerungen in allen Bereichen (z.B. wirkt sich die – ja durchaus berechtigte – Tariferhöhung für die Mitarbeiter der Gemeinde alleine um knapp 1 Mio. € aus), die Erhöhung der Kreisumlage um knapp 1 Mio. €, die permanente Zuweisung neuer Aufgaben durch den Bund ohne ausreichende Gegenfinanzierung (Beispiele: Kinderbetreuung, demnächst Ganztagsbetreuung, kommunale Wärmeplanung) und der fatalen Haltung über die letzten Jahrzehnte immer nur das nötigste zu tun statt die Gemeindeeinrichtungen kontinuierlich in gutem Zustand zu halten wie es ein verantwortungsbewusster privater Eigentümer mit seinem Haus tut.
Aber zur Wahrheit gehört auch: Gauting erfreut sich zahlreicher Einrichtungen, die nicht sein müssen, aber oft das Leben in einer Kommune bereichern. Und alle haben Fans – in der Bürgerschaft aber auch im Gemeinderat – und oft lautstarke Unterstützer, die sagen „Sparen überall, aber bitte nicht da“. Bosco, Schwimmbad, Jugendzentrum, Gemeindebibliothek, Musikschule, Kultur- und Sportförderung usw. sind keine Pflichtaufgaben, bringen aber jedes Jahr Aufwendungen für den laufenden Betrieb von über 1,5 Mio. € mit – noch ohne Berücksichtigung notwendiger Investitionen zur Instandhaltung. Niemand im Gemeinderat will diese Einrichtungen aufgeben. Egal welcher Partei oder Gruppierung die Gemeinderäte angehören – sie üben ja ihr Ehrenamt nicht aus, um Einrichtungen abzuwickeln. Sondern sie wollen mit ihrem Einsatz vielmehr beitragen, dass sich Gauting gut und im Sinne der Bürger weiterentwickelt.
Wird es denn mittelfristig besser
Wirklich gut wird es nur durch höhere Einnahmen. Die in Gauting viel zu niedrige und strukturell schwache Gewerbesteuer ist das entscheidende Problem der Gemeinde. Der Handwerkerhof war ein wichtiger, aber noch kein echter Schritt zur nachhaltigen Erhöhung der Gewerbesteuer. Denn hiermit wurden ja keine neuen Betriebe auf Gautinger Gebiet geholt, sondern bereits vorhandene Firmen gehalten, die sonst womöglich abgewandert wären.
Nur wenn die beide weiteren seit Jahren in der Planung befindlichen Gewerbegebiete (Gautinger Feld bei der Asklepios Klinik und Galileo Park beim Flughafen) realisiert werden, kann Gauting neue Gewerbesteuerzahler gewinnen und bei der Gewerbesteuer strukturell einen Sprung nach oben machen. Ein Generationenprojekt, die Früchte werden nicht in der kurzen Frist geerntet.
Gibt es einen Ausblick auf die kommenden Jahre
Neben der Aufstellung des Haushalts für das laufende Jahr, der entscheidende Rechtsgrundlage für die Arbeit der Gemeinde ist, wird auch jedes Jahr eine mittelfristige Finanzplanung für die kommenden drei Jahre, also 2025-2027 aufgestellt. Um es kurz zu machen: die jetzt dem Gemeinderat zur Verabschiedung vorliegende Finanzplanung ist unrealistisch und stellt keine Basis für die nächsten drei Jahre dar. Bereits im Verwaltungshaushalt verbleibt dort ein jährliches Defizit von über 3,5 ansteigend auf 4,8 Mio. €. Und im Vermögenshaushalt werden zwar etliche Investitionen aufgelistet, aber eine Finanzierung ist nicht abzusehen. Die „geplante“ Kreditaufnahme von >30 Mio. € für die drei Jahre ist reine Illusion und niemals genehmigungsfähig. Dabei ist der größte „Brocken“ für die nächsten Jahre noch gar nicht enthalten – der Bau des zwingend erforderlichen neuen Feuerwehrhauses in Gauting – eine Pflichtaufgabe, die nicht im Belieben der Gemeinde steht. Zwar sind die Planungskosten vorgesehen, aber der eigentliche Bau (Größenordnung um die 15 Mio. €) soll dann erst 2028ff erfolgen und soweit reicht die Planung nicht. Und wie im Jahr 2024 die Rücklage zu nutzen wird bereits 2025 nicht mehr gehen, weil sie 2024 schon entleert werden wird (zumindest sofern sich im Rechnungsergebnis für 2023 nicht wieder, wie 2022 eine positive Überraschung ergibt).
Es wird vermutlich in einem Jahr wieder so sein – hoffen auf ein wenig Rückenwind bei den Einnahmen („vielleicht ist die wirtschaftliche Lage dann besser“), Geld vom Freistaat, eine Erhöhung bei der ohnehin anstehenden Änderung der Grundsteuer und weiter sparen. Möglicherweise dann auch an den großen Blöcken bei den freiwilligen Leistungen. Die Luft wird dünner…
Wir haben schon häufig über die Haushaltssituation in Gauting berichtet. Zum Nachlesen:
- www.zukunft-gauting.de/2023/07/geothermie-wohnen-das-liebe-geld-ein-sommer-update/
- www.zukunft-gauting.de/2023/01/der-landrat-und-das-liebe-geld/
- www.zukunft-gauting.de/2023/02/gauting-hat-einen-haushalt-und-nun/
- www.zukunft-gauting.de/2022/02/gauting-und-das-liebe-geld-alles-auf-dem-richtigen-weg-oder-eine-fata-morgana/