„Bezahlbarer Wohnraum“ ist in aller Munde, nicht nur bei der Bundesbauministerin, sondern auch in Gauting. Wenn Kindergartengruppen schließen müssen, das Seniorenheim nur teilweise belegt werden kann oder gut eingeführte Gautinger Restaurants nur von Donnerstag – Sonntag geöffnet haben, mag das viele und unterschiedliche Gründe haben. Aber Mitarbeiter zu finden und zu halten hat auch damit zu tun, ob sie in der Nähe eine für sie bezahlbare Wohnung finden. Und wer dafür nicht sorgt, darf sich nicht wundern, wenn ein Ort sich langsam nur noch zur Schlafstadt für wohlhabende Pendler nach München entwickelt.
Seit nunmehr über 10 Jahren dämmert nun das Areal um das ehem. AOA-Gelände an der Ammerseestraße still vor sich hin. Als Unterkunft für Flüchtlinge vom Landkreis in der Zwischennutzung. Und all die Jahre wird überall markig bezahlbarer Wohnraum gefordert, aber die von Bundeskanzler Scholz beschworene „Deutschland Geschwindigkeit“ ist auch hier wenig zu spüren. Aber es ist auch ein komplexes Verfahren mit vier beteiligten Eigentümern (Diehl für AOA-Areal, Verband Wohnen, Katholisches Siedlungswerk und die Gemeinde). Und vielen Ideen und oft auch kontroversen Sichtweisen der politischen Gruppierungen. Nach der Kommunalwahl 2020 gab es dann auch erstmal ein bald 18-monatiges Moratorium. Bis die Grünen – Respekt für diese Kurskorrektur – aus der Phalanx des Widerstandes ausbrachen, ihre Zustimmung nach deutlicher Akzentverschiebung in Richtung „sozial-ökologische Mustersiedlung“ erteilten und damit eine Mehrheit für das Vorhaben gesichert war.
Doch es vergingen jetzt noch weitere 2 ½ Jahre bis der Gautinger Bauausschuss den Entwurf des Bebauungsplans – fast – einstimmig billigen und seine Auslegung für die Öffentlichkeit beschließen konnte. Technisch handelt es sich um zwei Bebauungspläne; bei dem Plan für das ehem. AOA-Grundstück muss noch ein Punkt geklärt werden, was zeitnah erledigt werden soll.
Die unmittelbaren Anwohner interessiert natürlich vor allem die Auswirkungen auf die Verkehrssituation. Und sie sorgen sich darüber, dass auf Drängen der Grünen in Abweichung von den üblichen Regelungen für die geförderten Wohnungen nur 0,8 und die übrigen Wohnungen 1 Stellplatz vorgesehen werden. Dafür aber im Rahmen des Mobilitätskonzeptes ausreichend und qualitativ hochwertige Möglichkeiten für Fahrradstellplätze, Lastenräder, Car sharing etc. Ob dieses Mobilitätskonzept – auch begründet mit der Nähe zum Bahnhof – aufgeht? Das wird sicher von den Bürgern nochmal kritisch hinterfragt werden.
Wann kommen nun die dringend benötigten bezahlbaren Wohnungen? Bis die Bagger rollen, wird noch einige Zeit dauern. Der Geschäftsführer des Verbands Wohnen, Andreas Oberhofer, versicherte vor einigen Wochen zwar im Gautinger Gemeinderat seine Entschlossenheit das Projekt zu verfolgen. Aber die bisherige Miete des Verbands Wohnen für seine Gautinger Wohnungen (372 Wohnungen mit Durchschnittsmiete von 6,62 €) wird sich nicht halten lassen. Dabei klingt die aktuell realistische Zahl von 10 € angesichts von Marktmieten zwischen 16-18 € durchaus noch attraktiv.
Doch jetzt geht der Blick nach vorne: der Patchway Anger wird eine wichtige Weiterentwicklung im Gautinger Westen mit einer guten Mischung unterschiedlicher Wohnangebote für unterschiedliche Zielgruppen werden. Und hoffentlich helfen, dass viele Menschen, die in Gauting nicht nur arbeiten, sondern auch leben wollen, auch mit kleinem Einkommen in unserem Ort willkommen sind.